Mittwoch, 2. Mai 2018

Detlefs Bericht vom Folk Club Nr. 90 am 6. April 2018


Folk Club Nummer 90 am 6. April 2018 – Kinder, Kinder
Ja, liebe Leute, die 90. Ausgabe des Folk Clubs ist doch einen Moment des Innehaltens wert. Euer Chronist hat es jedenfalls getan und über die vielen berückenden Abende mit viel Gänsehaut und noch mehr musikalischen Entdeckungen nachgedacht. Nehmt Euch mal die Zeit und blättert in unserem Blog. Über fast jeden der 90 Abende gibt es einen ausführlichen Bericht. Im Folk Club haben zahlreiche junge Musiker, die jetzt einer Karriere entgegenstreben, erste Auftrittserfahrung und die nötige Selbstsicherheit erworben. Zwei große Talente, die vor ein paar Jahren als etwas schüchterne große Jungs ihre eigenen Lieder vorstellten und nun selbstbewusst eine Fangemeinde um sich versammeln, gaben dem Folk Club auch heute Abend die Ehre. Aber neben all den Edelsteinen, die wir immer wieder im Folk Club begrüßen dürfen, sind doch die vielen Hobbymusiker mit ihren oftmals begeisternden und berührenden Auftritten das Salz in der Suppe

Wie seit Beginn des Folk Clubs – ohne jemals gefehlt zu haben – eröffnete unser Zeremonienmeister John Harrison den Abend, diesmal mit einem Gedicht über die Magnolie. Just zum Zeitpunkt des Folk Club Abends öffneten die ersten dieser bemerkenswerten Bäume ihre Blüten und entfalteten ihre herrliche Pracht, um nach dem Verblühen für den Rest des Jahreskreises als unscheinbare, eher kleine Bäume von den meisten Menschen kaum beachtet zu werden. Johns Gedicht, dessen Gestalt als Magnolienblüte sich erst in geschriebener Form entpuppt, und natürlich auch ein Bild von einer blühenden Magnolie könnt Ihr unter dem Bericht bewundern. Dieses Jahr ist jedenfalls kein Frost in die Magnolienblüte gefegt, und somit war die Schönheit in aller Ausführlichkeit in den Bonner Vorgärten zu bestaunen. Aber was wären Johns Auftritte ohne einen deftigen Blues. Den bekam das Publikum mit dem Lied „Bring Me Flowers When I’m Living“ von Peetie Wheatstraw – passend zum vorherigen Gedicht – zu hören. John wurde von seinem Nachtwächterkollegen Christoph Thiebes auf der Mundharmonika begleitet. Christoph lieferte zudem ein atemberaubendes Solo ab.
Ohne Christophs Begleitung aber mit „stimmgewaltiger“ Resonator Gitarre spielte und sang John das Lied „Oh Well, Oh Well, Oh Well, das auch den Vers „Do you wanna dance, children?“ enthält – passend zum heutigen Thema. Von Stephen Foster ist der Titel „Hard Times Come Again No More“. John erklärte, dass Stephen Foster viele bekannte Lieder komponiert hat, darunter auch den Gassenhauer „Oh Susanna“. Der Bezug des Liedes zum Thema des Abends liegt darin, dass zahlreiche Lieder Fosters Eingang in Liederbücher für junge Leute gefunden haben.
Eine feine, kleine Gedichteinlage auf Bonner Mundart bekam das Publikum danach von Gert Müller zu hören. Das witzige Gedicht handelt von einem Pudel, der – unfreiwillig – mit seinem Schwanz einen Hummer fängt, der in einem Korb am Eingang eines Fischgeschäftes liegt – putzig.
Gut zum Thema des Abends passten die Kinderwitze, die John in seinem Abreißkalender gefunden hatte. Hier eine kleine Kostprobe: Classroom – teacher: „Danny, please conjugate the verb walk! Danny: „I walk ------ you walk -----“, teacher: „quicker“, Danny: „I run, you run...“
Ganz dem Thema des Abends hatte Mario Dompke seine Beiträge gewidmet. Er verkündete, dass er ausnahmsweise auf Lieder verzichtetet hatte, bei dem das Publikum zum Tanzen nach vorn kommen muss – oooooch!. Dafür gab es dann „Das Gespräch mit Tieren“, das eigentlich ein Lied für Erwachsene ist. „Der Traumpirat“ war dann aber ein richtiges Kinderlied, besonders für Kinder mit viel Fantasie. Zum Schluss spielte Mario ein Lied, das nicht aus eigener Feder stammte, ein irisches Kinderlied mit dem Titel „The Tailor And the Mouse“, bei dem er zur Begleitung sein Banjo benutzte. Das Publikum durfte den ziemlich wilden Kehrvers mitsingen. Nach ein paar Strophen ging das ganz ordentlich – Applaus für Mario.
Wie eingangs schon angekündigt, durften wir nun „Bromo“ begrüßen, zwei Bühnentalente aus Wachtberg, die im Februar 2016 erstmals im Folk Club schnupperten. Die Zwillinge Dennis und Marvin Ledermann, die ihren Bandnamen „Brother Movement“ einfach mit „Bromo“ abkürzen, stellten einige ihrer neuen Lieder vor. „Please Don’t Go“ präsentierte sich als sehr rhythmisches und mitreißendes Lied über eine offenbar problematische Beziehung. „Machine“ ist etwas ruhiger und beschreibt die Gefühle, die mit dem Bekenntnis „I’m feeling like a machine“ zusammengefasst werden. Ein weiteres Lied aus eigener Feder war „The Game We Play“. Als Cover spielten sie „I See Fire“ von Ed Sheeran, ganz vorzüglich zweistimmig und mit gekonnter Gitarrenbegleitung. Als Zugabe gab es danach noch „Wonderwall“ von Oasis – Riesenapplaus für die beiden und viel Erfolg für die Karriere.
Daniel Bongart ist ein treuer Weggefährte des Folk Clubs und stellt von Zeit zu Zeit seine selbstgeschriebenen Lieder vor. Sein schönes Lied über die Gefühle von Kindern handelt von Vertrauen, Liebe und Hoffnung. „Lights of Life“ ist der Titel. Mit „Old Man“ besingt Daniel seinen Onkel, der ihm sehr nahe stand. Mit „You“, einem lyrischen Liebeslied im langsamen dreiviertel Takt beendete Daniel seinen Beitrag.
Mit Blick auf Daniel aber auch auf Bromo fragt sich euer Chronist allerdings, was viele Menschen hierzulande bewegt, ihre Lieder auf Englisch zu verfassen und nicht in ihrer Muttersprache. Franzosen, Italiener, Spanier kommen nur recht selten auf diese Idee, warum wir Deutschen?
Ein kleines bezauberndes Instrumental-Intermezzo bescherte uns Louis auf seiner Gitarre. Leider verriet uns Louis den Titel des ersten Stückes nicht, das ganz im Stile der großen spanischen Meister verfasst war. Einfühlsam und virtuos präsentierte Louis das Stück und bekam großen Applaus. Als Zugabe durfte das Publikum dann zu „Hallelujah“ von Leonhard Cohen mitsummen – Gefühl pur!
Alte Bekannte Folk Club sind Gerd Schinkel und GW Spiller. Gerds Spezialität sind neue bzw. ins Deutsche adaptierte Texte auf bestehende Melodien. Diesmal gab es zur Melodie von Cat Stevens’ „Blackness of the Night“ das Lied „In Rabenschwarzer Nacht“, das in beklemmender Weise von einem Flüchtlingsschicksal erzählt. Das Lied „Draufgänger“ ist in Gänze von Gerd und beschreibt die Doppelmoral von Müttern bei der Beurteilung der fragwürdigen Eskapaden ihrer Söhne. „Sie hat ihren ersten Freund“ nimmt sich Väter vor, die es kaum verwinden können, dass die Tochter ein Liebesverhältnis hat. So kann man das Thema des Abends auch verarbeiten. Applaus für die beiden und für ihre eindrücklichen und beeindruckenden Lieder.
Bei „The Great Plains“ denkt man unwillkürlich an „die Mühen der Ebene“, aber weit gefehlt. Saskia und Darrel Delaronde aus Kanada vermitteln den Eindruck, dass sie alles ganz mühelos machen. Auf jeden Fall hatten sie spätestens beim zweiten Satz mühelos die Herzen des Publikums erobert – mit ihren humorvollen Kommentaren und natürlich mit ihrer Musik. Den Anfang machten sie mit dem Lied „If I Needed You“ aus dem Film „The Broken Circle“. Die beiden sangen und spielten das berührende Lied mit einer Leichtigkeit und Brillanz dass man sich sagt: Musik kann doch so einfach und schön sein. In dieser Manier ging es weiter: „Adeline“ beschreibt ein Feuergefecht zwischen einem Bauern und einem Indianer, der sich an der Ernte des Bauern vergreifen wollte – natürlich eine wahre Geschichte. Adeline war die Frau des Bauern, der Cultus Jim hieß, aber dieser Name eignete sich nicht so gut für den Text. Daher musste die Frau für Text und Titel herhalten. „Orphan Girl“ ist die herzzerreißende Geschichte von einem Waisenkind. Auch dies Lied stammt aus fremder Feder und zwar von Gillian Welch. Bei diesem Lied konnte Saskia ihre fantastische Stimme glänzen lassen. Darell steuert eine absolut stimmige Begleitstimme bei – Gänsehaut hoch drei! Reinrassiges Bluegrass ist das Lied „The Far Side Banks of Jordan“. Ein Mann sagt zu seiner Frau, dass er am Jordan auf sie wartet, wenn er vor ihr stirbt. Ein bisschen von der Melodie von „Glory, Glory, Hallelujah“ kommt auch darin vor. „The Boxer“ von Simon and Garfunkel war dann etwas zum Mitsingen – volle Begeisterung. „Hell or High Water“ ist ein Lied über den Entdecker David Thomson, der Ende des achtzehnten, Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in Kanada zusammen mit seiner Frau unbekannte Landstriche erkundet und kartiert hat. Das Paar, das für damalige Verhältnisse ungeheure Distanzen zurücklegte, war 58 Jahre verheiratet und hatte 13 Kinder – auch eine wahre Geschichte! Natürlich ebenfalls eine wahre Geschichte („true story!“) handelt von einem Mädchen der Hutterer-Gemeinde, das ein Abenteuer auf dem „Bluebird Trail“ hatte. Weiter geht’s mit „true stories“. „Louis Riel“ ist eine Geschichte, die Darrels Vater von seinem Vater erzählt bekam. Darrels Großvater hatte an einer Militäraktion von Aufständischen gegen die Engländer unter dem Kommando des Rebellen Louis Riel teilgenommen. „Wayfaring Stranger“ war ein Wunsch aus dem Publikum – und euer Chronist glaubt zu wissen, wer den Wunsch geäußert hat. Wir haben das Lied schon mal im Folk Club gehört. Die Version von Saskia und Darrel war bezaubernd. Das Lied beschreibt die Reise der Seele durchs Leben, die in ihrer Heimkehr durch das Überschreiten des Jordans endet – ein unsterblicher Klassiker. Saskia und Darrel waren richtig in Fahrt und die Begeisterung des Publikums entlockte ihnen Lied nach Lied. Witzig und natürlich auch eine „true story“ ist das Lied über einen Bär, dem man besser fernbleibt. Wenn man einem begegnet, soll man auf keinen Fall weglaufen – leichter gesagt, als getan. „Laura’s Kitchen“ besingt die „old days“ als man noch gemütlich um den Küchentisch herum saß. Auf zahlreichen Wunsch aus dem Publikum musste Saskia danach einen echten Kracher abliefern: ein richtiges Jodellied – das war schon beeindruckend. Zu guter Letzt spielten die beiden noch ein Lied – true story – über einen Rodeoreiter. „There Ain’t no Horses Born That I Can’t Ride“ ist die Refrainzeile. Begeisterung pur beim Publikum und hoffentlich auch Begeisterung bei Saskia und Darrel über den Folk Club. Die Beiden muss man gehört haben!
So mit Glückshormonen vollgepumpt ging’s zum Abschluss dann gemeinsam an die Huldigung unseres Patrons Jock Stewart.
Auf Wiedersehen am 4. Mai 2018 mit Daria Kulesh aus England/Russland als Featured Artist.

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