Donnerstag, 5. Januar 2017

Alle Jahre wieder – Simon Kempston im Folkclub


Laaaadiiiees and Gentlemen – manche Dinge bleiben halt beständig – so auch die Eröffnung des Abschlusses des Folkclubsjahres 2016 (dies waren aber jetzt genug Genitive). John Harrison, MC (Master of Ceremonies) at FC Bonn und Watchman of English nights in Bonn in the year 1698, rief wieder alle zur Ordnung, um die Besonderheit des Folkclub Bonns zu leben. Reine, akustische Musik, angehört mit hoher Konzentration und Stille im Raum (mit Ausnahme der Momente, in denen kräftig mit gesungen wird). Musikalisch leitete er den Folkclub mit der Ballade „Take This Hammer“ ein, einem Lied welches als Gefängnis, Holzfäller und Eisenbahn Arbeiter Lied in der Literatur beschrieben ist und davon handelt, dass jemand einfach nicht mehr will und deshalb den Hammer an seinen Vorarbeiter zurückgibt und weggeht. Mit dem Blues „Little Red Rooster“ war John wieder in seinem Element. Er interpretierte das Stück von Willie Dixon mit Paolo Pacifico am Bluesharp mindestens ebenso gut wie die frühen Rolling Stones (von denen war es nämlich eine der ersten Erfolgssingles).
Nach dem bluesigen Anfang wurde es lyrisch. Gerd Müller (wie er selbst bestätigte, nicht das Fußballidol) brachte dem zuerst erstaunten, dann sehr erheiterten Publikum das Gedicht „Weihnachten op bönnsch“ dar. Erst im Dialekt werden so manche Zusammenhänge erklärbar – z.B. dass die drei Könige „e Püngelzüsch inne Hand“ hatten und so kam die Bescherung zustande.
Nicht nur große Musiker sollten im Folkclub geehrt werden, wenn Ihre Zeit beendet ist (leider mussten wir in 2016 ja eine ganze Menge davon verabschieden), nein auch andere Menschen, die großes bewirkt haben (unabhängig von sicher immer existierenden unterschiedlichen Bewertungen). So nahm Steve Perry kurzerhand seine 10 saitige Gitarre und spielte für Fidel Castro das Lied Guantadamerra (ich, Mario Dompke durfte ihn auf der sechsaitigen Gitarre begleiten). Das Lied ist eine Guaijra –Melodie der kubanischen Musik, welche ihren Ursprung in dem Gedichtzyklus Versos Sencillos („einfache Verse“) des kubanischen Nationalhelden José Martí hat. Übersetzt heißt der Refrain entweder Lied aus Guantanamo (und stellt auch heute noch eine politische Bedeutung dar) oder aber Bäuerin aus Guantanamo und wird so zum unverfänglichen Volkslied.
Simon Kempston, langjähriger Dezember Gast im Folkclub betrat nun als gern gesehener special guest die Bühne (Simon darf laut John jedesmal in den Folkclub kommen, wenn er eine neue CD mitbringt – und das tut er nun einmal im Jahr ). Er freute sich besonders im Tennisclub auftreten zu dürfen, weil er als Schotte zu der Bevölkerung des Landes mit dem besten Tennisspieler der Welt gehört. Mit dem Lied „If I Took You Back“ begann er seine musikalische Darbietung, die seinen besonderen Stil schon nach wenigen Tönen erkennen lässt. Seine ganz eigene Betonung von Wörtern und seine schottisch, irisch inspirierten Melodien in Verbindung mit seiner ganz speziellen Art von feiner und feinsinniger Lyrik machen Simon immer wieder zu einem Erlebnis. Das nächste Lied „Consequences Of A Kiss“ ist ein neues Lied von Simon und spricht eigentlich schon durch den Titel für sich. Mit dem nächsten Titel sprach Simon die Werksschließung des letzten Automobilwerkes in Schottland an. Hunderte von Arbeitsplätzen wurden vernichtet und so ist das Lied ein Liebeslied an the „Last Car“ und ein Protestlied gegen die damalige Regierung von Maggy Thatcher. An die Konsequenzen des Kusses knüpfte der nächste Titel an „There's A Hot Lady In My Bedroom“ - nun sei nur soviel gesagt, dass Simon sich entscheiden musste - zwischen einem beruhigendem Whiskey und …........... Damit der FCB jugendfrei bleibt, wurde dieses Lied als Instrumental auf der geliebten, alten, irischen  Gitarre von Simon gespielt.  Der erste Teil seines Auftritts wurde durch das Lied „Down From The Dock“ beendet, welches von zwei nicht gerade begnadet intelligenten Räubern erzählt.
Mit der Gruppe „Red Pack“ kamen nun zwei Musiker auf die Bühne, die zwar bereits seit mehreren Jahren zusammen musizieren, jedoch den Folkclub zum ersten Mal beehrten. Sonst mit Verstärker und Mikrofonen unterwegs, war es auch für die Beiden ein Experiment, ob ihre Musik rein akustisch ankommt. „Be My Downfall“, ein schottisches Lied der Gruppe Del Amitri war die Feuerprobe, die beide bravourös bestanden. So gestärkt wagten sie sich an ein weiteres Del Amitri Stück („Always The Last To Know“), welches ebenfalls mit viel Beifall des Publikums belohnt wurde. Abgeschlossen wurde ihr Floorspot durch das Crowded House Stück „Fall At Your Feet“. Die Reaktion des Publikums war eindeutig auch eine Vorfreude auf ein Wiedersehen mit Red Pack.
Angekündigt als „der Mann mit Tina Turners Stimme“ kam nun der altbekannte Kämpe Lothar Prünte aka ELPI auf die Bühne. Gerade erst angekommen musste seine Gitarre noch nachgestimmt werden, doch dann fing er an – diesmal mit weniger bekannten Stücken, aber nicht weniger professionell. „I Love You“ ohne yeah, yeah, yeah, dafür von der Climax Blues Band. Ein Stück, dass eher bei der älteren Hälfte der Folkclubbesucher bekannt war. Auch nicht unbedingt bei der jungen Generation bekannt war die nächste Interpretation „Ambushed“ von der Gruppe Blue Rose. Den Abschluss machte Lothar etwas weihnachtlich mit dem Lied „I Believe in Father Chritsmas“, welches Lothar jahrelang bei Emerson, Lake & Palmer vermutete, jedoch irgendwann den wahren Ursprung in Greg Lake alleine fand (Tja, knapp daneben ist auch vorbei – vor allem, wenn die LP gesucht aber das Lied nicht gefunden  wird)
Nach der Pause zeigt Barry Roshto wieder einmal, wie stark Musik wirken kann. Alleine durch sein Klavierspiel schaffte er es, dass wieder Ruhe eintrat und das Publikum konzentriert seinem Vortrag lauschte. Dem Tagesmotto angepasst, spielte er eine  Eigenkomposition „I Lost“. Ein sehr gefühlvoll vorgetragenes Lied voller Emotionen, die nicht nur Barry mitrissen, sondern jeden im Saal. Mit der Ruhe dieses Liedes bereitet Barry den Bühnenboden für seine Tochter Emily. Auch schon gut bekannt im Folkclub weckt sie jedesmal die Erwartung, was nun wieder in ihrer musikalischen Entwicklung neues passiert ist – ein Genuss ihr zuzuhören ist es immer. Mit dem Song „I Lava You“ aus dem Disney Film verstand sie es – gemeinsam mit Barry – Kunst und Spaß gekonnt zu verknüpfen. Musikalischer Hörgenuss mit lachanregender Interpretation des Refrains, war genau etwas, das nach der Pause gebraucht wurde. Als drittes Lied des Floorspots wurde es wieder weihnachtlich. Mit dem Titel „The Christians And The Pagans“ wurden die an Festtagen immer andauernden „Streitgespräche“ und unterschiedlichen Meinungen in Familien, Gruppen und überhaupt angesprochen.
Rauchige aber samtige Stimme, eine Gitarre und eine Mundharmonika – zwei Personen, das sind „Precious Few“. Wer reinen Folk erwartet wird erstaunt. Eher Indie Pop. Mit dem Lied „Astronaut“ eröffneten die Beiden ihren Auftritt. Die Verbindung zum Abendthema wurde über die im All verlorene eigene Persönlichkeit hergestellt. Als nächstes wurde die virtuelle Liebe besungen. „Virtual Love“ besingt viele Situationen, in denen der persönliche Kontakt fehlt, ob Facebook oder Skype für Fernbeziehungen, die Virtualität ist tägliche Gegenwart in unserer Gesellschaft. Mit dem Song „Follow“ beendeten die Zwei ihren Gig, jedoch sicher nicht ihre Anwesenheit im Folkclub. Ich gehe fest davon aus, dass beide wiederkommen.
Nun wurde es voll und flott. Die Heartmanns kamen mit fünf Personen auf die Bühne. Mit ihrem Gitarristen Uwe Gillert war mindestens einer dem FCB Publikum bereits bestens bekannt. Und sie legten los. Mit dem ersten Titel „Reif für die Insel“ brachten sie ein Stück von eben jenem Uwe Gillert, der das Stück natürlich auch mit seiner Begleitung und einigen Soli bereicherte. Mit dem Stück „Jerusalem“ ging es weiter. Die Besetzung Stimme, Akkordeon, Gitarre, Bass und Percussion sind ideal für diese Musik. Stimmung machend und emotional treibt die Musik das Publikum zum swingen, mitsingen und bewegen. Das Akkordeon wurde für das nächste Stück gegen das Klavier getauscht, um sich einem imaginären Menschen gegenüber zu beklagen „Du bist so negativ“. Tja, auch das ein bekanntes Phänomen in unserer Gesellschaft (Wie sagte schon Schoppenhauer: Immer wird daran gedacht was einem fehlt, aber selten das gesehen, was man hat). Folgerichtig lautete das letzte Stück der Gruppe „Heute schon gelebt“. Diese Frage kann man sich gar nicht oft genug stellen. Schließlich ist selbiges kürzer als wir alle denken.
Nun kam eine weitere Würdigung eines kürzlich verstorbene, aber wohl immer im Gedächtnis verbleibendem Künstler. Leonard Cohen, der noch kurz vor seinem Tod sein letztes CD Album herausbrachte ist nicht zuletzt durch das Lied „Hallelujah“ bekannt geworden. Da alle dieses Lied kennen, wurde der gemeinsame Gesang eine große Hommage an den Künstler.
Mit dem Instrumental „Onward She Travels“ – wieder gespielt auf der alten irischen Gitarre – kam Simon Kempston wieder auf die Bühne. Das nächste Stück leitete Simon mit einer Anklage an die Ungerechtigkeiten der Welt ein – Donald Trump Präsident, Leonard Cohen tot und Schottland verliert im Fußball – ja, ich kann verstehen, dass das als ungerecht empfunden wird. Damit aber nicht genug. Simon erzählte die Geschichte, wie sein Freund und Geigenspieler in die Schweiz fahren wollte, an der Grenze nach den mitgeführten CDs gefragt wurde, die bei der Einfuhr einer Steuer unterliegen – so durfte für die potenzielle Geldquelle mehr an Zoll bezahlt werden, als diese beim Verkauf erwirtschaften konnten. Wie kann diese Geschichte besser als mit dem Titel „Man of Peace“ beschlossen werden? Für das nächste Stück („You And I Must Remember Them“) bat Simon darum, dass auch die Aufnahme auf youtube beachtet werden sollte (https://www.youtube.com/watch?v=BYRRsdl2sD4https://www.youtube.com/watch?v=BYRRsdl2sD4). Dort ist das Lied in einer wirklich anrührenden Umgebung aufgenommen. Nicht nur in Deutschland wurden städteplanerisch in den 60er/ 70er Jahren große Schandtaten vollbracht. Auch in der Heimatstadt von Simon wurde es zumindest versucht. Wie kann man Dundee so verschönern, dass daraus ein Bochum wird? Das Lied „A City Beautiful“ erzählt von einer (Gott sei dank nie vollendeten) Umgestaltung der Stadt. Den Abschluss des diesjährigen Simon Kempston Auftritts im Folkclub Bonn bildete der Song „A Canny Man“. Ein weiteres Instrumental, genauer gesagt ein shottish reel auf der Gitarre dargebracht. Hier kam dann auch ein weiteres Markenzeichen von Simon – das stimmungsvolle Jauchzen, welches jeden Zuhörer immer wieder erschreckt aufspringen lässt :-) Natürlich war es dann doch nicht der Abschluss, denn die Zugabe „Take Me Back To Belfast“ musste noch her.
Ein langer Abend, aber schee war er – und trotz des langen Abends durfte natürlich nicht das gemeinsam gesungenen „Jock Stewart“ fehlen.
Was bleibt noch zu sagen? 
Der nächste Folk Club findet am 6. Januar 2017 statt – seid also nach der Silvester Party wieder ausgeschlafen und kommt zum hören, mitmachen und wohlfühlen.


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