Donnerstag, 2. Juni 2016

Detlefs Bericht vom Folk Club Nr. 69 am 6. Mai 2016


Folk Club am 6. Mai 2016 – The first summer’s day

Der Mai-Folk Club bietet sich naturgemäß für Lieder und sonstig Beiträge mit Bezug zum Wonnemonat an, und die gab es dann auch. Pflanzen und Tiere lautete das Thema des Abends – eine schöne Verbindung zum Monat des Wachsens, der sich die Künstler mit großem Behagen widmeten.
John Harrison, unser Spiritus Rector, startet den Abend mit einem eigenen Gedicht über den Löwenzahn, der zu dieser Jahreszeit die Wiesen gelb färbt. Dandelion heißt die Pflanze auf Englisch, und das ist ein Kuriosum. Das Wort ist eine Verballhornung des französischen „dent de lion“, zu Deutsch Zahn des Löwen. Auf Französisch wird die Pflanze witzigerweise heute aber ganz anders genannt, nämlich „pissenlit“, und das verweist unzweideutig auf die harntreibende Wirkung des Gewächses. Dem Namen zufolge droht ein nasses Bett, wenn man etwas von der auch als Gemüse genießbaren Pflanze zu sich nimmt. Immer wieder gern genommen wird Johns Lied von der Ente Zeppelina, die einst Anfang Mai beliebte, ihr Nest in einen Blumentopf auf dem harrisonschen Balkon einzurichten. Immerhin elf kleine Entlein sind daraus erwachsen. Ebenfalls bemerkenswert ist Johns Gedicht über die geheimnisvollen Mauersegler, deren lautes Gekreisch zur sommerlichen Geräuschkulisse in den Städten gehört. Die Vögel, die in diesen Tagen aus dem Winterquartier auf der Südhalbkugel zu uns gekommen sind, sind uns einerseits vertraut, aber über ihr Leben wissen wir andererseits doch recht wenig. Ihr nahezu ausschließlich im Fluge verbrachtes Leben entzieht sie uns weitgehend tieferer Einsicht. „Newton’s apple in your throat“, „perpetual hiphop“, „dicing, slicing through the rooftops“, “antipodal friends of the hurly-burly“ und „breathtaking bird“ sind einige metaphorische „catchphrases“ aus Johns bewegtem Gedicht. In Johns Warm-up durfte natürlich auch ein waschechter Blues nicht fehlen. John und Paolo Pacifico auf der Mundharmonika präsentierten den Stranger Blues von Sonny Terry und Brownie McGhee, zu dem Paolo ein tolles Harmonikasolo beisteuerte – großer Applaus für die beiden. Zu guter letzt durfte natürlich die Hymne auf den Mai nicht fehlen, die Englische versteht sich: „Hail, Hail, the First of May“, lautet der Titel des Liedes, das sich wie ein uraltes traditionelles Volkslied anhört, aber in Wirklichkeit eine recht junge Schöpfung ist. Dave Webber hat dieses hübsche Lied komponiert und musste bei einer Veranstaltung, auf der er mit diesem Lied auftrat, feststellen, dass man ihm vorwarf, sich mit fremden Lorbeeren zu schmücken. So kann ein wirklich tolles Kompliment für ein gelungenes Lied auch aussehen.
Zwar sind Gedichte Dieter Farings Spezialität, diesmal animierte er aber das dankbare Publikum zunächst zum Frühlings-Kanon „Es tönen die Lieder“ mit ihm zu singen. Die nachfolgenden Gedichte nahmen ebenfalls den Frühling oder die Tier- und Pflanzenwelt thematisch aufs Korn: Rilkes „Der Panther“ machte den Anfang. Er setzte den Reigen fort mit einem Gedicht mit dem Titel „Rosenlied“. Aus eigener Feder stammen das Gedicht über die Meise und „Was ist das Schöne am April?“ Sehr vergnüglich und wunderbar vorgetragen von Dieter.
Unser musikalischer Chefkoordinator Steven Perry stieg dann selbst in den Ring und gab seiner Freude über den just am selben Tage eingegangenen Bund der Ehe Ausdruck: Er sang für seine frisch angetraute Frau Regine das unsterbliche Lied „Dream“ von den famosen Everly Brothers. Hin und wieder überwältigte ihn die Freude, und die Stimme kam etwas ins Stocken, aber das Publikum half tatkräftig aus. So wurde es ein wunderbares Ständchen für die Angebetete. Von hier aus auch ein herzlicher Glückwunsch an beide.
Dennis Ledermann, die Entdeckung aus dem Februar, präsentierte ein neues Lied, diesmal ein Rap in deutscher Sprache – hatte Dennis sich meinen seinerzeitigen Kommentar zu Herzen genommen? „Ein Träumer“ lautet der Titel. „Weck mich nicht auf“ bittet der Titelheld, aber Dennis schien hellwach zu sein. Dennis war zwar nur mit dem einen Lied angetreten, aber das Publikum ließ ihn nicht ohne Zugabe von der Bühne. So gab es erneut das Lied „The Old Me“, das bereits im Februar zu hören war, mit schönen Wechseln zwischen gezupften und geschlagenen Gitarrenpassagen.
Im von Gitarren dominierten Folk Club ist eine instrumentale Abwechslung immer willkommen und die bot die Gruppe „Petits Experiments“ mit verschiedenen großen und kleinen Blasinstrumenten. GW Spiller, der immer wieder mal mit Gitarrenbass, mal mit Tuba im Folk Club auftritt, wählte diesmal das Große, 1835 patentierte Blasinstrument. Wir durften bei dieser Gelegenheit lernen, dass im selben Jahr zwei andere technische Meisterleistungen das Licht der Welt erblickten, nämlich die erste Eisenbahnstrecke in Deutschland und der Trommelrevolver, der Colt. Zurück zur Musik: Die etwas kleiner Version dieser Basstrompete spielte Achim Friker. Justus Gatz präsentierte die Posaune, und zu diesem versammelten Blech (natürlich aus schönem, polierten Messing) gesellte sich Mary Krah mit ihrer Querflöte, die ja bekanntlich zu den Holzblasinstrumenten gehört, obwohl sich heute an ihr kein Stückchen Holz mehr befindet. „Sonic Boom“ lautete Der Titel des ersten Stücks, mit dem sich die Truppe warm spielte. „Baby Elephant Walk“ ist ein Stück von Henry Mancini, dessen anrührendes Lied „Moon River“ aus dem Film „Frühstück bei Tiffany“ schon mehrmals im Folk Club zu hören war. Der Spaziergang kleiner Elefanten feierte diesmal allerdings Premiere. Das Stück ist ebenso wie „Moon River“ Filmmusik, die im Film Hatari mit John Wayne und Hardy Krüger zu hören ist, diesmal toll interpretiert von den „Kleinen Experimenten“. Zu guter Letzt ließen die Drei die instrumentale Version von Ben E. Kings Lied „Stand By Me“ hören – wunderbar!
Mit unserem ersten „Featured Artist“ Richard De Bastion kommt kein Unbekannter in den Folk Club. Richard stammt aus England, lebt aber mit Unterbrechungen seit 40 Jahren in Berlin und glänzt mit einem reichen Repertoire an musikalischen Eigenkreationen. Er war bereits vor Jahren im Folk Club aufgetreten und bekam diesmal mehr Raum für seine Stücke. Richard mag vielen nicht selbst bekannt sein. Er ist aber im Hintergrund auf der musikalischen Weltbühne aktiv und hat bereits mit vielen Pop-Größen zusammengearbeitet, darunter John Bonham von Led Zeppelin, Jim Capaldi, Sally Oldfield und Peter Maffay. Eine von Richards Besonderheiten ist, dass er als Linkshänder mit einer für Rechtshänder bespannten Gitarre spielt. Dadurch wirkt sein Gitarrenspiel optisch etwas merkwürdig, aber man stellt erst fest, warum das so ist, wenn man die Saitenfolge auf dem Instrument betrachtet. Diese De Bastionsche Spezialität hat den Vorteil, dass Richard sich bei einem Malheur mit seinem Instrument locker eine Ersatzgitarre von den Kollegen ausborgen kann. Die kuriose Gitarrenkonstruktion tut aber der Qualität von Richards Spiel keinen Abbruch. Im Gegenteil, mit tollen Riffs und glasklarem und brillantem Fingerpicking und variantenreichem Spiel begleitet er seine eigenen Lieder. „The Cuckoo Song“ handelt metaphorisch von den Kindern, die ihr Elternhaus nicht verlassen wollen. „A Basket of Flowers“ ist ein Lied in bester Countrymanier im Dreivierteltakt. Bei „Pussycat Paws“ gibt es Gesang, der lautmalerisch Katzen-Miaue imitiert. Es geht um das Überleben in einer feindlichen Welt. Im zweiten Teil seines Beitrags zeigte Richard, dass er auch das Klavier beherrscht. „Falling Into Place“ wurde durch den Gang durch die Kathedrale von Coventry inspiriert. In der Kathedrale werden die Fenster, die sieben Stationen des Lebens symbolisieren, erst nach und nach beim Durchqueren des Gebäudes sichtbar. „Did you succeed or did you blunder?“ fragt der Text. „Book of Memories“ ist ein Lied über das Erwachsenwerden. Mit „Thank You“ spricht er alle an „If this is a dream, you made it come true“ lautet eine Zeile, mit der Richard sich bei seinem Gegenüber (ist es das Folk Club Publikum?) bedankt. Wir haben zu danken, und das Publikum tut es mit einem langen Applaus für die wunderbaren Lieder.
Immer wieder großen Beifall bekommt Lothar Prünte aus Köln, alias ELPI, für seine musikalischen Beiträge. Mit der Auswahl seiner Stücke hatte Lothar sich ganz auf die Thematik des Abends eingestellt. „As Wise As a Serpent“ von  Gerry Rafferty, „Kiss From a Rose“ von Seal und „Crocodile Rock“ von Elton John waren seine Antworten auf die Forderung nach Pflanzen und Tieren. Lothars spektakuläre Stimme und sein sicheres Gitarrenspiel sind Garanten für tolle Unterhaltung, und die gab es auch diesmal. Dafür bekam Lothar viel Applaus.
Laurence O’Toole, ein Engländer mit irischen Wurzeln, ist ebenfalls nicht das erste Mal im Folk Club. Wir durften ihn bereits im Oktober 2014 begrüßen. Seine Lieder mit geheimnisvollen Texten über Zauberwesen und Geister passten extrem gut zum Thema des Tages: „Song of the Tree Spirits“ beschwört die Kraft die den Bäumen innewohnt. „Swan Song“ beschreibt die Schönheit der Schwäne und in „Wonderland“ geht es um Feen. Laurence stattet seine spirituellen Lieder mit  hintergründigen Melodien aus, die die Texte wirkungsvoll unterstreichen.
Ebenfalls aus England kam unser zweiter Featured Artist Tom Cobson, der eigene Lieder mit sehr persönlichen Texten präsentierte. „Lessons“ beschreibt die Reise mit „jemandem“. Toms unglaublich variable Stimme und sein facettenreiche Gitarrenspiel machten seine Lieder zu einem Erlebnis. Das er zuviel getrunken hatte, verarbeitete er im Lied „Empty Can“. Seine Freundin verließ ihn deswegen. „I can be a liar, I can be a crier or simply a fool“ lautete eine Zeile. Beim Lied „Never Alone“ bearbeitete Tom seine Gitarre wie ein Percussionsinstrument mit einem Trommelschlegel. Zusätzlich zu seinen eigenen Schöpfungen präsentierte er „Word Up“ von Cameo, vielen im Raum vielleicht weniger bekannt. Zurück zu den eigenen Kreationen waren Ein weitere Lied titelte „Hurricane Head“,über  das Fehlermachen und sich daran erfreuen. „Screams Over Civilised Streets“ beschrieb eine Beziehung, die nur online funktionierte. Sobald er seine Angebetete im fernen Sydney besuchte, wollte sie ihn nicht sehen – ist das nicht erschütternd? Im Lied „Homeless“ sang Tom über heimatlose Männer. Tom bekannte, dass er ein Faible für heimatlose Männer habe, weil sie gesellig seien. Bei diesem Lied durfte auch das Publikum einmal ran, das bei diesem Folk Club bislang etwas stiefmütterlich behandelt worden war. „Rainbow Coming“ lautete der Refrain, der dankbar vom Publikum aufgegriffen wurde. Im Lied „Brave Man“ ließ Tom zu guter Letzt noch einmal sein stimmliches Können bei geschmeidigen  Registerwechseln unter Beweis. Euer Chronist muss aber gestehen, dass ihn die Melodie sehr stark an „Breakfast at Tiffany’s“ von Deep Blue Something erinnerte“. Honi Soi Qui Mal Y Pense. Die kleine Anleihe tat aber dem Vergnügen keinerlei Abbruch. Tom bekam frenetischen Applaus, und das zu Recht für ein tolles Repertoire eigener Lieder mit sehr ehrlichem, persönlichem Bezug, die er mit variantenreichen Melodien ausgestattet hatte und natürlich für seinen hörenswerten Vortrag mit glasklarer, voluminöser und intonationssicherer Stimme, die dank seines gekonnten Registerwechsels einen enormen Tonumfang präsentierte. Wir wünschen Tom für seine musikalische Karriere viel Erfolg. Die zahlreichen Engagements lassen hoffen.
Der Abend ging natürlich nicht zuende, ohne dass unser alter Rausschmeißer „Jock Stewart“ uns einen Besuch abstattete. Alle sangen natürlich  wieder begeistert mit und hoffen auf einen fantastischen Folk Club Nr. 70 (Leute, lasst es euch auf der Zunge zergehen: Siebzig!) am 3. Juni 2016, diesmal in der neuen Umgebung von Sträters Sports Bar in den Räumen des Bonner Hockey- und Tennis-Vereins (BHTV) in Bonn Dottendorf. Wir erwarten als Featured Artists Andrea Varnier (Gitarre) und Serena Finatti (Gesang) aus Italien.
Wir hoffen, dass auch viele der alten Gefolgsleute aus Graurheindorf den Weg dorthin finden. Immerhin ist das neue und vielleicht dauerhaft künftige Lokal gut über die Stadtbahnlinien 16, 63 und 66 (Haltestelle Ollenhauerstr.) zu erreichen. Parkplätze für die motorisierte Gefolgschaft sind vorhanden, und per Fahrrad geht es immer an der Eisenbahn entlang bis zur Ollenhauerstraße.

1 Kommentar:

  1. Thanks for the great report Detlef.
    Swifts really are such amazing creatures:
    http://www.rspb.org.uk/discoverandenjoynature/discoverandlearn/birdguide/name/s/swift/feeding.aspx

    AntwortenLöschen